Filmfest München heißt: Selbst wenn im Kino nebenan Only God Forgives läuft, ist bei einem kleinen Indiefilm zeitgleich jeder Platz besetzt. Zusätzlich werden dieses Jahr viele Filme gezeigt, die in Kürze auch regulär in die Multiplexe kommen werden. Neben dem neuen Nicolas Winding Refn Streifen läuft zum Beispiel auch der neue Danny Boyle Film Trance im Programm. Keine Schande also, den ein oder anderen Film links liegen zu lassen und sich eine britische Räuberpistole anzusehen. Obwohl man vielleicht Filme aussparen sollte, die wie Wasteland schon in der Ankündigung vollmundig vom „Regie-Wunderkind“ oder einer „Kreuzung aus Oceans’s Eleven mit Die üblichen Verdächtigen“ sprechen.
Glücklicherweise geht es dabei mehr um die Bilder, die man mit diesen Kassenschlagern assoziiert. Hauptperson Harvey sitzt nämlich in einem Polizeiverhör und erzählt die Geschichte davon, wie er vom lokalen Drogenboss Rauschgift untergeschoben bekommen hat und eingefahren ist. Die angestrebte Anwaltskarriere ist dahin, doch ein Angebot von einem ehemaligen Mitinsassen sich in einen Amsterdamer Coffee-Shop einzukaufen eröffnet Harvey neue Möglichkeiten. Das Geld für diese Zukunft will er sich logischerweise aus dem Safe des Drogenbosses abzwacken, wozu seine drei besten Kumpels und er einen komplexen Einbruch entwickeln. Doch ob der so erfolgversprechend ist, darf man angesichts der Tatsache, dass Harvey mit Blutergüssen im Gesicht in einem Verhörraum sitzt, stark anzweifeln. Außer natürlich das gehörte von Anfang an zu seinem Plan …
Bis kurz vor das Ende des Films bleiben wir, ganz Ocean’s Eleven, im Unklaren darüber, was der eigentliche Plan gewesen ist. Und erst wenn soviel offen gelassen wurde, dass auch der Letzte merkt, dass gleich die ganz große Wende kommt, lässt der Film alle Puzzlesteine richtig zusammen fallen.
Wegen der gehetzten Auflösung, aber auch weil der Film sich über die Laufzeit von 106 Minuten kaum eine Pause gönnt, ist er nicht das ganz große Erlebnis geworden. Zuweilen schwelgt der Film dazu unruhig zwischen Action, Drama und Albernheiten. Ganz so als hätte Autor und Regie-Neuentdeckung Rowan Athale noch nicht ganz seine Sprache gefunden. Nur am Tag vor dem großen Coup wird das Tempo gedrosselt und die vielleicht schönste Kulisse in Szene gesetzt. Obwohl Athale so jung sein soll, wirkt sein Stil ansonsten leider eher altbacken, zum Beispiel im Vergleich mit „Lock, stock and two smoking barrels“. Das Talent für komplexe Erzählungen scheint im Katalogtext mehr gewollt als tatsächlich vorhanden zu sein. Dazu fehlt die Detailverliebtheit, die Bildsprache und auch ein bisschen Chuzpe. Es fehlt die Prise Salz, oder besser die Chilli, mit der man sich über das festgeschriebene Regie-Rezept hinaustraut. Das Tröpfchen eines klitzekleinen offenen Endes bringt einfach nicht genug Wumms.
Großartig ist hingegen die Zusammenstellung seines Ensembles. Insbesondere Gerard Kearns brilliert in seiner Rolle als Charlie, das es fast ein bisschen schade ist, dass derzeit keine großen britischen Rollen zu besetzen sind. Er macht eine große Wandlung durch, darf so viele Fassaden seines schauspielerischen Könnens zeigen. Bereits am Anfang des Films mag man diesen Kerl, spätestens mit seiner Raucherstimme. Am Ende, wenn er den entscheidende Puzzlestein auslegt, hat man sich bereits seinen Namen auf den Hintern tätowiert. Dabei stand der Film Wasteland vor ein paar Tagen noch nicht einmal in seiner IMDb Präsenz. Der Film hat da aber zu stehen – vielleicht nicht unbedingt mit einer Bewertung von 7,0 -, aber er hat da zu stehen, wegen ihm.