De:Bug

Die De:Bug und ich; wir haben eine lange Beziehung. Es ist jetzt 16 Jahre her, dass ich mir die ersten Ausgabe der Zeitung gekauft habe. Es muss zum Teil daran gelegen haben, dass ich damals noch Grafiker werden wollte und mir die Zeitung mit der Erklärung schmackhaft gemacht wurde, dass sie das Zeitschriftendesign neu erfinde. Im Zeitungsformat versteckte die De:Bug nicht nur Magazin-Layouts und komplizierte Texte für die ich viel zu jung war, sondern auch eine der schönsten Serifenschriften, die ich bis dahin gesehen hatte. Weder der Begriff Debugging noch der Klang von Indie-Elektro war mir geläufig. Trotzdem wollte ich mehr von diesen elektronischen Lebensaspekten wissen, denen ich mich so nah fühlte. Ich hatte immerhin Zugang zum Internet. Aber eigentlich verliebte ich mich in die Serifenschrift.

Die Serifen wurde schon vor Jahren durch zugänglichere Schrift ersetzt. Auch das Format der Zeitung blieb nicht lange bestehen und wurde von einem etwas übergroßem Magazinformat abgelöst. Eine Zeitung blieb die De:Bug für mich dennoch immer. Das einzige was nicht glattgeschliffen wurde war die Verfügbarkeit im kleinen Zeitschriftenladen und die starke Fixierung auf Berlin. Das Internet ist bis heute eher das unerwünschte Stiefkind der De:Bug. Die erste experimentelle Webseite war ihrer Zeit weit voraus und auf der extra eingerichteten Mailingliste unterhielten sich fast ausschließlich die gleichen zehn Personen, davon fünf Autoren. Der Bruch erfolgte für mich nach einer Schimpftirade über Berlin, die eigentlich an die Liste gehen sollte, die ich aber ausversehen nur an Sascha „bleed“ Kösch schickte. Danach führte mein Weg – auch aus Scham – immer seltener zur Bahnhofsbuchhandlung und nur manchmal habe ich zuletzt eine Ausgabe mitgenommen, wie wenn man verstohlen nach einer Ex-Freundin googeled.

Trotzdem tut es weh, wenn man liest, dass es damit vielleicht auch bald vorbei ist (aber auch, wenn man auf einmal einem jungen Kerl bei Soundcloud ins Gesicht sieht, der angeblich dieser legendäre „bleed“ sein soll). Aber besonders dieses Bild über dem Blog-Eintrag zum Abschied, mit dem Foto der Erstausgabe schmerzt. Da ist sie wieder, diese Serife, die man nie ganz vergessen hat. Sie bleibt auch wenn das Projekt nicht mehr, oder nur im Web, weiterexistiert. Sie ist noch da, wie die Musik, die man mit der De:Bug erst entdeckt hat. Das ist die Zeitung, die die eigenen elektronischen Lebensaspekte erst formte. Und, ja, auch Berlin ist noch da. Ich war erst zweimal dort und hab leider überhaupt keine Musik gehört. Jetzt dann sowieso.


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