Musiktipps vom Profi (1)

Früher zog einem der Besitzer des Plattenladens freudig die neuen Schallplatten aus den Kästen, noch ehe man die letzte Treppenstufe erreicht hat und durch die Glastür in den musikalische Olymp übergetreten war. Anhand von Verkäufen in der Vergangenheit und persönlichen Präferenzen sortierte er einem einen Stapel Platten, dem man beinahe ungehört mitnehmen konnte (wenn da nicht die eingestreuten Ladenhüter wären). Heute sorgt man sich indes mehr darüber, dass der digitale Plattenverkäufer sich die Einkäufe merkt und daraufhin gute Vorschläge für weitere Einkäufe machen kann. Zumindest so lange, bis man mal seiner Mutter eine CD von Reinhard Mey gekauft hat.

Das man überhaupt keine Quelle mehr für neue Musik hat, fällt hingegen niemand auf. Es fällt keinem auf, dass in der Hype-Machine wie bei reddit oder in den Beatport Charts die Fans regieren. Und wo sich der Künstler vielleicht über bedingungsloses Gutfinden freut und mehrmals am Tag seinen Kontostand prüft, bleiben Musikliebhaber auf der Strecke, weil man nur den alten Scheiß oder den neuen Scheiß, der immer gleich klingt, von dem immer gleichen Acts empfohlen bekommt. Das ist mit dem Aufstieg von – don’t call it Euro-Dance – EDM noch viel schlimmer geworden.

Deshalb folgt man bei Soundcloud auch keinen Interpreten, sondern einem Berliner Grafiker, der bei tweek.tv arbeitet, nebenbei immens viel Musik hört und dabei das Beste aus der Deep House Szene aufschnappt und teilt: Benjamin Fritz – von dir würde ich mir die Platten tatsächlich direkt in die Einkaufstüte packen lassen. Denn Ladenhüter sind bei deiner Zusammenstellung nicht dabei.


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